Spiegelschleifworkshop auf der Sternwarte Diedorf im Frühjahr 2008
Spiegelschleifworkshop Frühjahr 2008
Im Frühjahr 2008 stellte ich im Rahmen eines kurzen Vortrags das Thema Spiegelschleifen und Teleskopbau auf der Sternwarte vor. Insgesamt neun Teilnehmer waren bereit sich dieser zeitaufwendigen und zu gleich höchst interessanten Aufgabe zu stellen. Über Stathis Kafalis aus München bestellten wir insgesamt 9 Spiegelrohlinge aus Borosilikatglas und dazu entsprechendes Schleif- und poliermaterial. Von nun an sollten wir uns immer freitags von 18.00 bis 20.00 Uhr zur gemeinsamen Schleifarbeit treffen. Stathis, den man als echten Profi auf dem Gebiet des Spiegelschleifens bezeichnen darf, ließ es sich nicht nehmen, das Material persönlich auf die Sternwarte zu bringen. Da die Teilnehmer von mir im Vorfeld schon mit Schleifschalen ausgerüstet wurden und jeder eine Unterlage selbst angefertigt hatte, ging es an diesem Abend dann auch gleich zur Sache.
Stathis erklärte kurz die ersten Schritte des Grobschliffes und die Teilnehmer begannen mit ohrenbetäubendem Lärm ebenfalls ihre Spiegel in Angriff zu nehmen. Bereits im Treppenhaus war das unüberhörbar laute Geräusch des abrollenden 80ger Karbopulvers zu hören und sorgte bei dem ein oder anderen Vereinsmitglied für Irritationen. Die Atmosphäre unseres Planetariums glich zeitweilig dem eines Fitnessstudios. Der Schweiß rann in Strömen und die Spiegel begannen allmählich die erwünschte Vertiefung in der Mitte zu zeigen. Mit Aluschiene und Schieblehre bewaffnet wurde die Vertiefung in der Spiegelmitte nachgemessen.
Von nun an lief der Spiegelschleif-workshop auf Hochtouren und die Teilnehmer verbrachten viel Zeit mit ihrem Projekt. Die Hauptarbeit erledigten sie nun zu Hause und die Freitage wurden vorwiegend dazu genutzt, mit dem Mikroskop die Oberfläche der Glasscheiben auf Rückstände des gröberen Korns zu untersuchen. Waren keine mehr vorhanden, konnte zum nächst feineren Schleifpulver gewechselt werden. Zudem rückte mit feiner werdendem Korn auch die Politur des Spiegels immer näher und ein geeigneter Foucaultester zur Oberflächenmessung musste für alle Teilnehmer konstruiert werden.
Da ja jeder ein solches Gerät benötigte, googelte ich im Internet und fand ein passendes Modell, das ich so umgestaltete, dass es in einer größeren Serie gebaut werden konnte. Das Material war schnell zusammengestellt und in einer Gemeinschaftsaktion baute sich jeder Spiegelschleifer seinen eigenen Tester zusammen. Die ersten Messversuche verliefen erfolgreich. Das Feld zog sich nun etwas auseinander. Während die ersten schon fast bei der Politur angekommen waren, beschäftigten sich andere noch mit den mittleren und gröberen Karbostufen, je nachdem, wie viel Zeit jeder bereit war, in seinem Spiegelprojekt zu investieren
Tobi und Simona hatten ihren Spiegel als erstes fertig geschliffen, so dass sie mit der Politur beginnen konnten.
Die Herstellung der Pechhaut geschah von nun an immer im Team, da es für alle Teilnehmer interessant und spannend zugleich war, den Werdegang einer Pechhaut mit zu verfolgen. Dabei wurde auf den unten liegenden Spiegel ein Blatt Backpapier gelegt und darauf das heiße und flüssige Pech gegossen. Das ganze roch so, als ob man ein Stück Straße mit einer Teerschicht belegen würde. Nach einer kurzen Abkühlphase wurde dann die Schleifschale mit der konvexen Seite auf das Pech gelegt. Nach einer weiteren Kühlphase konnte die Schleifschale mit dem Pech angehoben und das Backpapier entfernt werden. Das überstehende Pech wurde mit einem Messer abgetrennt. Nach dem erneuten Erwärmen mit dem Heißluftfön wurde noch eine Gitterstruktur eingepresst, damit sich das Poliermittel gleichmäßiger verteilen konnte.
Nun konnte mit der Politur begonnen werden. Die Pechhaut wurde mit Poliermittel bestrichen und auf den Spiegel gepresst, Nach etwa einer halben Stunde Polierzeit konnte bereits unter den Mikroskop ein Verschwinden der Löcher des Feinschliffs erkannt werden. Außerdem begann der Spiegel nun zu reflektieren und ein erster Test mit der foucaultschen Schattenprobe machte Sinn.
Offen gesagt, so einfach wie es aussieht ist diese Messung nicht. Mit dem Auge hinter der Rasierklinge nach dem richtigen Reflex Ausschau zu halten, benötigte etwas Zeit und Übung. Mit der Zeit ging es bei den Meisten Teilnehmern aber recht gut.
Die Politur der Spiegel zog sich dann noch eine Weile hin, bis auch die letzten Schleifspuren am Rande verschwunden waren. Nun galt es dem Spiegel noch eine annähernd sphärische Form zu geben, was den meisten auch gut gelang. Aus diesem Stadium heraus begann dann die Parabolisierungsarbeit.
Hierzu ist zu sagen, dass wir diese Arbeit zusammen bei mir zu Hause durchgeführt haben und ich den einen oder anderen Spiegel etwas länger in der Mangel hatte.
Die Eingabe der Messwert, das Begutachten der Spiegeloberfläche im Foucaulttest und das Ableiten der geeigneten Korrekturmaßnahmen, sind für den Anfänger sicherlich ohne Hilfe keine leichten Aufgaben. Trotzdem hat alles toll funktioniert und diejenigen, die so weit gekommen sind, werden nun bald die ersten Sterne durchs selbstgebaute Teleskop bewundern können.